Die Organuhr (Teil 2)
Die Organuhr (Teil 2)
In der letzten Ausgabe der Naturheilkundlichen Perspektiven habe ich über die Organuhr und ihre Bedeutung für die Gestaltung einer gesunden Lebensführung berichtet. Sie erinnern sich, es ging um Aktivitätsrhythmen einzelner Organe. Zunächst hatte ich mir die Leber vorgenommen. Heute sind die Nieren und der Dickdarm dran.
Da wir gerade die Umstellung auf die Sommerzeit hinter uns haben, möchte ich eine allgemeine Bemerkung vorausschicken. Unsere „innere Uhr“ lässt sich nicht auf Kommando umstellen. Sie muss vielmehr mit der ihr aufgezwungenen äußeren Zeitumstellung irgendwie zurechtkommen. Manche Menschen bzw. ihre Organismen haben damit durchaus Schwierigkeiten. Sie reagieren mit Schlafstörungen und Abgeschlagenheit. Die Zahl der Herz- Kreislauferkrankungen steigt in dieser Zeit bekanntermaßen an. Menschen, bei denen solche Probleme auftauchen, sollten in jener Zeit die betroffenen Organe kräftigen und harmonisieren.
Die Nieren
Die Nieren haben die Aufgabe, unser Blut zu reinigen. Um dies gut leisten zu können, brauchen sie viel Sauerstoff, fast so viel wie das Gehirn oder das Herz. Alle Produkte des Stoffwechsels, die der Körper nicht verwenden kann oder ihm gar abträglich sind, werden von den Nieren herausgefiltert und an die Blase weitergegeben, von der sie dann ausgeschieden werden. Beide Organe sind eng miteinander verbunden. In der traditionellen chinesischen Medizin stehen die Nieren für das Element Wasser. Körperlich dienen sie der Stabilität und Statik des Organismus.
Seelisch bieten die Nieren Sicherheit, Rückhalt und Willenskraft. Dies ist die positive Seite. Andererseits können sich in den Nieren Angst und Schrecken verankern. Starke Ängste oder Panikattacken können auf eine Nierenschwäche hinweisen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle eine Bemerkung einschieben. Nach Auffassung der traditionellen chinesischen Medizin sind unsere Gefühle und Stimmungen nicht nur mit bestimmten Aktivitäten des Gehirns verbunden, wie wir es zurzeit allenthalben in neurowissenschaftlicher Studien lesen können, vielmehr sind organisches und emotionales Leben insgesamt innig miteinander verwoben. Unsere Umgangssprache drückt dies in mancherlei Metaphern aus: etwas kann jemandem an die Nieren gehen; das Herz kann einem Menschen brechen; etwas kann jemandem auf den Magen schlagen, kann diesen sauer machen und so weiter. Nun zurück zu den Nieren.
Die Jahreszeit der Nieren ist der Winter. Im Winter schöpft der Mensch neue Energie für das Frühjahr. Die Nieren unterstützen den Organismus bei seiner Regeneration. Menschen, die nach Infekten und anderen schweren Erkrankungen nur sehr langsam wieder zu Kräften kommen, leiden oft an einer energetischen Nierenschwäche. Die Nieren sind vielseitig organisch eingebunden. Gehirn, Blase, Hoden, Eierstöcke, Nebennieren, Knochen und Zähne sind einbezogen. Die Zähne etwa (genauer gesagt, die oberen und unteren Schneidezähne) stehen in enger Verbindung zu den Nieren, der Nebenniere und der Blase. Belastungen dieser Organe können die empfindlichen Zahnstrukturen schwächen und zu Beschwerden an den Zähnen bzw. an deren Wurzeln führen. Da organische Abhängigkeiten nie einseitig sind, können natürlich auch Erkrankungen an den Zähnen (z. B. Wurzelentzündungen oder Fehlstellungen) Belastungen der verbundenen Organe nach sich ziehen.
In der anthroposophischen Medizin werden die Nieren als „Luftorgan“ beschrieben. Auch sie regulieren den Austausch des Organismus mit der ihn umgebenden Luft. Lunge, Darm und Ohren sind einbezogen. Beschwerden in diesen Organen (z. B. Asthma, Tinnitus, wiederkehrende Nasenebenhöhlenentzündungen) werden deshalb begleitend durch eine Nierentonisierung behandelt.
Neben dem jahresszeitlichen Rhythmus der Nieren gibt es auch einen täglichen. Die Zeit zwischen 17 und 19 Uhr ist die Zeit ihres Aktivitätshöhepunkts. Menschen, die in diesem Zeitabschnitt bestimmte Beschwerden haben, etwa plötzlich auftretender Fließschnupfen, verstopfte Nase, Ohrensausen, wiederkehrend auftretendes Kälteempfinden im Körper, haben eine Schwäche der Nieren- und Blasenenergie. Die Zeit, in der die Nieren ruhen, liegt zwischen 5 und 7 Uhr. Seelische und körperliche Entspannung in der Hauptaktivitätszeit tun den Nieren gut. Genießen Sie Ihren Feierabend und versuchen Sie in dieser Zeit ein wenig zur Ruhe zu kommen. Und dann, davon wird zurzeit oft gesprochen, gilt es ausreichend viel zu trinken, am besten reines Wasser. Das brauchen die Nieren.
Pflanzenheilkundlich werden die Nieren mit Schachtelhalm (Equisetum arvense) und Goldrute (Solidago virga) behandelt, sei es als Aufguss oder auch in homöopathischer Dosierung.
Der Dickdarm
Der Dickdarm und seine Ausscheidungen sind ein heikles Thema. Früh schon wird uns beigebracht, dass die körperlichen Ausscheidungsprodukte etwas sind, worüber man nicht redet. Dem steht entgegen, dass unsere Verdauung und die Rede darüber ein ganz wesentlicher Bestandteil der naturheilkundlichen Diagnose ist. Diese diagnostisch wichtige Stellung findet sich in vielen Kulturen und eigentlich allen naturkundlichen Heilverfahren wieder. Bereits vor Tausenden von Jahren haben Ärzte und Heilkundige aus der Beschaffenheit des Stuhlgangs Rückschlüsse auf die Gesundheit gezogen. Auf diese, heute eher vernachlässigte, diagnostische Möglichkeit sollten wir uns wieder rückbesinnen.
Die Aufnahme der meisten Nahrungsmittel durch unseren Körper geschieht im Dünndarm. Der Dickdarm ist aber kein reines Ausscheidungsorgan. In ihm werden z. B. Mineralstoffe und auch Wasser in den Körper zurückgeholt. Dieses Sortieren und Aufnehmen braucht Ruhe und Zeit. Hektik und Stress sind dem abträglich. Ein gestresster Dickdarm reagiert zunächst mit Verstopfung. Wird er in seiner Funktionsfähigkeit insgesamt geschwächt, so kann es zu Durchfällen kommen.
Nehmen wir wiederum das seelischkörperliche Beziehungsgeflecht in den Blick, so hat der Dickdarm, bildlich gesprochen, viel mit „loslassen“ zu tun. Die Gefühle, die dem Dickdarm zugeordnet werden, sind Melancholie und Trauer. Schwere seelische Erschütterungen können sich in diesem Organ gleichsam festsetzten. Ist dies der Fall, so gilt es Wege zu finden, unsere Lebensgeschichte so aufzuarbeiten, dass es uns gelingt, traumatische Erfahrungen „loszulassen“, sich von „alten Sache“ zu trennen.
Körperlich betrachtet entgiftet der Dickdarm unseren Organismus. Er trennt uns von Stoffen, die wir nicht mehr brauchen und die wir abgeben sollten.
Schon seit Jahren behandle ich in meiner Praxis manche Patienten/innen mit Darmspülungen in Form von hohen Einläufen (2,5 bis 3 Liter). Seit einiger Zeit behandle ich auch mit Dickdarm- Wasserspülungen, Colon-Hydro-Therapie genannt. Es ist beachtenswert und aufschlussreich, dass viele Patienten/ innen während der Behandlung starke Gemütsbewegungen zeigen. Am Ende berichten sie dann von angenehmer seelischer und geistiger Ausgeglichenheit und Erleichterung.
Genaueres zur Colon-Hydro-Therapie können Sie hier erfahren.
Dickdarm und Hautgewebe stehen in enger Verbindung zueinander, dabei geht es vor allem um beider Entgiftungsaufgabe. Es gibt beachtenswerte Anzeichen dafür, dass dieser Verbund irgendwie belastet ist (z. B. Verstopfung, Durchfall, Infekte, Allergien, Übergewicht, Neurodermitis, Schmerzen in Schulter- und Armgelenken, zu niedriger Blutdruck). Bei dieser Vielfalt sind natürlich differentialdiagnostische Methoden vonnöten, um eindeutige Zuordnungen zu ermöglichen. Seelischerseits können starke Verstimmungszustände und tiefsitzende Trauer auf Dickdarmbelastungen hinweisen.
Auch der Dickdarm hat seine Aktivitätsrhythmen. Für ihn gilt die Zeit zwischen 17 und 19 Uhr als die Zeit relativer Ruhe. Am aktivsten ist er zwischen 5 und 7 Uhr. Diese Zyklen sind bei der Behandlung zu berücksichtigen.
Der Dickdarm mag es, Teil eines Organismus zu sein, der sich bewegt. So können wir ihn unterstützen. Pflanzlich kommen ihm Kümmel und Salbei zugute. Auch durch geeignete Akupunktur lässt sich der Dickdarm positiv beeinflussen. Und dann natürlich durch die bereits erwähnte Colon-Hydro-Therapie. Mit der Reinigung des Dickdarms geht oftmals eine körperliche und seelische Entspannung einher.
Jan Laucken, Heilpraktiker
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